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Der Bundestag hat am Freitag, 16. Juni 2023, ein verbindliches Sigel für unverarbeitetes Schweinefleisch beschlossen, so dass der Verbraucher an der Ladentheke feststellen kann, wie das Tier gehalten wurde. Das Fleisch soll mit den fünf Haltungsstufen Stall, Stall und Platz, Frischluftstall, Auslauf/Weide und Bio ausgewiesen werden. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen CDU/CSU, AfD und Die Linke wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz (20/4822) in einer vom Landwirtschaftsausschuss geänderten Fassung angenommen. Mit einem in diesem Zusammenhang angenommenen Entschließungsantrag der Ampel-Fraktionen wurde zudem eine umfassenden Informationskampagne zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetz befürwortet.
Ebenfalls angenommen wurde ein vom Ausschuss geänderter Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „zur Erleichterung der baulichen Anpassung von Tierhaltungsanlagen an die Anforderungen des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes“ (20/6422). Der Entwurf wurde mit der Mehrheit der Ampelfraktionen und FDP gegen das Votum der Union und Linksfraktion beschlossen. Ein Antrag der AfD mit dem Titel „Eine transparente Herkunftskennzeichnung als Voraussetzung für eine freie und mündige Kaufentscheidung“ (20/4889) wurde hingegen mit der Mehrheit der übrigen Fraktionen gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Zu allen drei Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Landwirtschaftsausschusses (20/6498, 20/7245, 20/5429) vor.
Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz
Nach jahrelangen Debatten hat das Bundeskabinett im vergangenen Oktober den Entwurf aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf den Weg gebracht, wonach ein verpflichtendes Kennzeichen für die Schweinehaltung ab 2023 starten soll – vorerst allerdings nur bezogen auf frisches, unverarbeitetes Schweinefleisch. Schrittweise sollen weitere Bereiche wie Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung sowie Tierarten wie Rinder und Geflügel dazukommen.
Vorgesehen ist ein Modell mit fünf Haltungskategorien während der Mast: Stall, Stall und Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland sowie Bio. In der Stufe „Stall und Platz“ stehen Schweinen mindestens 20 Prozent mehr Platz im Vergleich zu den gesetzlichen Mindeststandards zur Verfügung. So seien „die Buchten durch verschiedene Elemente strukturiert“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Dies könnten „zum Beispiel Trennwände, unterschiedliche Ebenen, verschiedene Temperatur- oder Lichtbereiche sein“.
Verschiedene Haltungskategorien
Im Frischluftstall werde den Schweinen innerhalb des Stalls ein dauerhafter Kontakt zum Außenklima ermöglicht. Dies werde erreicht, indem mindestens eine Seite des Stalls offen sei, so dass die Tiere Umwelteindrücke wie Sonne, Wind und Regen wahrnehmen könnten. In der Stufe „Auslauf/Freiland“ steht den Schweinen ganztägig, „mindestens jedoch acht Stunden pro Tag, ein Auslauf zur Verfügung, bzw. sie werden in diesem Zeitraum im Freien ohne festes Stallgebäude gehalten“. „Bio“ entspreche den Anforderungen der Tierhaltung laut EU-Ökoverordnung, was bedeute, dass die Schweine „eine noch größere Auslauffläche und noch mehr Platz im Stall haben“. Fleisch aus dem Ausland soll auf freiwilliger Basis gekennzeichnet werden können.
Bereits die Vorgänger Cem Özdemirs im Bundeslandwirtschaftsministerium, Christian Schmidt (CSU) und Julia Klöckner (CDU), hatten Vorschläge für ein staatliches Tierwohllabel gemacht. Doch weder die Ideen des Wissenschaftlichen Beirates des Bundeslandwirtschaftsministeriums von 2015 noch die Ergebnisse der Borchert-Kommission von 2020 wurden umgesetzt.
Gesetzentwurf der Koalition
In dem Entwurf der Koalitionsfraktionen heißt es: „Der Gesetzentwurf greift die durch das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz neu eingeführten Haltungsformen bauplanungsrechtlich auf.“ Der Ende März gefundene Kompromiss der Regierungsparteien sieht eine baurechtliche Privilegierung für Unternehmen vor, die ihre Stallanlagen umbauen wollen, um ihre vorhandene Tierhaltung auf eine höhere Stufe umzustellen. Gültig wären die Umbauten laut Gesetzentwurf für die im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz genannten Haltungsstufen drei, vier und fünf – also den Frischluftstall, Auslauf/Weide oder Bio sowie Ställe, die nach 2013 gewerblich errichtet wurden und keine landwirtschaftliche Privilegierung mehr hatten. Tierhalter müssten ihre Bestände nicht verringern, wenn sie in höhere Tierhaltungsstufen wechseln möchten.
Möglich sei zudem, dass ein Ersatzneubau an anderer Stelle erfolgen könne, als das Altgebäude gestanden habe. Damit solle es den Betrieben ermöglicht werden, während der Baumaßnahmen die bisherige Tierhaltung beizubehalten. Vorgesehen sei zudem, dass nach Fertigstellung die alten Stallanlagen beseitigt und mögliche Bodenversiegelungen zurückgebaut werden müssten.